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Bank etwas abseits
Es hatte eine Weile gedauert, bis ich Sasuke hier gefunden hatte. Zunächst hatte ich mit den Anderen rumgehangen. Mit Sayori, Lian und Shi, zwischendurch kurzzeitig mit Temari, Kankuro und Gaara und einmal sogar mit ein paar Shinobi aus Iwagakure, die Sayori während des Rennens kennen gelernt hatte. Als wir schließlich auf Sakura, Naruto, Ino, Shikamaru und Chouji gestoßen waren, hatten diese mir erzählt, dass Sasuke sie bereits vor einiger Zeit verlassen hatte.
Ich hatte versucht, den Abend zu genießen. Doch, ehrlich. Gemeinsam mit all meinen Freunden und den neuen und interessanten Gesichtern, den vielen Leckereien und den Fahrgeschäften, der Musik und den arrangierten Akrobaten ... Es hätte perfekt sein können! Mehr als perfekt! Doch die Sache von heute Nachmittag beschäftigte mich noch immer. Das Bild vom schreienden Kiba und dem winselnden Akamaru wollte einfach nicht aus meinem Kopf verschwanden, und die Gedanken, die um Sasuke kreisten, ließen mich nicht mehr los. Auch wenn ich mir Mühe gab, fröhlich zu sein, war meine Stimmung geknickt. Etwas, was überaus selten vor kam, das könnt ihr mir glauben. Shi hat mich, als er noch jünger war, mal als rosa-rote Prinzessin vom Einhorn Planeten bezeichnet, und ich schätze ... irgendwo hatte er recht. Manchmal war meine ständige gute Laune geradezu gruselig. Ich meine, ich gebe mir Mühe ab und zu auch böse und grimmig zu sein, aber das klappt nie besonders gut.
Ich hatte Kiba, der vermutlich entweder bei Akamaru war oder irgendwo mit Shino und Hinata rumhing, den ganzen Abend noch nicht gesehen und konnte nur hoffen, dass es ihm gut ging. Und dass es Akamaru gut ging. Die Sorge um den einst so kleinen Ninja-Hund machte mich ganz krank. Allerdings waren die Medi-Nins vorhin ziemlich gut bei ihm voran gekommen, also hegte ich große Hoffnung, dass er sich erholen würde.
Die Sonne hatte der Dunkelheit inzwischen ganz Platz gemacht, als ich mich von den anderen verabschiedet hatte und nun schließlich vor Sasuke stand. Das warme Licht der Lampions versetzte seinem Haar einen rötlichen Schimmer und ich stellte fest, dass er tatsächlich noch hübscher geworden war. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, während ich langsam auf ihn zu schritt. "Na? Keine Lust auf feiern?" Tief in Gedanken versunken, schien mich der Schwarzhaarige erst jetzt zu bemerken. Geschmeidig glitt ich neben ihm auf die Bank, wo ich mich schließlich im Schneidersitz sinken ließ. Zunächst schweigend hielt ich ihm ein verführerisch duftendes Päckchen hin. "Ich hab dir Reisbällchen mitgebracht." Als er sie entgegennahm, packte ich mein eigenes Onigiri auf dem Schoß aus. Wenn ich mich recht erinnerte, war das eine von Sasukes Lieblingsspeisen gewesen. Manchmal waren wir früher nach dem Training zusammen Onigiri essen gegangen, was Sakura und die anderen Mädchen dann immer eifersüchtig als Date bezeichnet hatten. Ob er es auch als eines angesehen hatte? Vermutlich nicht.
Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte hinauf in die Sterne. Alles fühlte sich an, als wären wir wieder zwölf und dreizehn und würden nach dem Training zusammen ausspannen. Es fühlte sich gut an. Vertraut. Richtig. Aber es war falsch.
Wir schwiegen, doch es war keine peinliche Stille, es war einfach ein angenehmes Beisammensein. "Warum hast du das heute mit Akamaru gemacht?", fragte ich schließlich leise, allerdings ohne wertenden Ton in der Stimme. Höchstens ein wenig Trauer war daraus heraus zu hören, die von der Sorge um den großen weißen Hund rührte. Die Wut, die ich zuvor noch auf Sasuke verspürt hatte, war, je mehr ich über ihn nachgedacht hatte, verraucht. So war das meistens mit den Leuten, die ich mochte. Ich konnte nie lange böse auf sie sein. Aber ich wollte es trotzdem wissen. Was hatte er sich dabei gedacht??
Ich saß auf einer Bank, etwas abseits vom Geschehen in der Nähe eines mit Lampions ausgeschmückten Parks, durch den um diese Urzeit hauptsächliche verliebte Paare wanderten. Mir war das bunte Treiben dort auf den Straßen zu viel geworden, besonders da der Vormittag noch in meinen Gedanken nach hing. Ich war mir selbst nicht mehr sicher, ob mein Jutsu seine Wirkung verfehlt hatte oder ob ich Kiba wirklich so viele Schmerzen zufügen hatte wollen.
Gedankenverloren starrte ich in den Nachthimmel. Irgendwas stimmte mit mir nicht. Mal trug ich eine unglaublich zerstörerische Wut in mir und dann wieder war ich so gelassen und ruhig wie im Moment. Ob doch alles mit dem Mal zusammen hing, das mir Orochimaru damals verpasst hatte? Hätte ich vielleicht doch zu ihm gehen sollen? Schwachsinn. Ich war ein Ninja von Konoha und mein Ziel bestand darin, Itachi's Aufmerksamkeit zu erregen und ihn zu einem Kampf mit mir zu bewegen ... indem ich mich endlich rächen würde.
"Sasuke?" Aya Nans Stimme durchbrach die Stille, die mich bisher umgeben hatte. Ich sah sie richtig an, zum ersten Mal seit dem gestrigen Tag und musterte sie. Sie sah schön aus, heute. Sie trug ein wunderschönes türkis-weißes Kleid, mit langen Ärmeln, die ihre Hände verdeckten und einem Rock, der ihren hübschen Beine sehr schmeichelte. Sie hatte diese natürliche Schönheit, die so in Einklang mit ihrer Sanftmut lag. Insgeheim hatte ich gehofft, mein Verhalten heute würde sie abstoßen. Ich war Gift für sie. Ich war Gift in dieser Welt.
"Du müsstest du doch am besten wissen", entgegnete ich leise lachend. Ich wollte sie nicht von mir stoßen, war sie doch der einzige Mensch, der mein wahres Ich kannte und mich trotzdem akzeptierte. Aber der Pfad den ich plante zu gehen, würde vielleicht in der Dunkelheit enden und da gehörte eine Sonne, wie sie eine war, nicht hin. Dankend nahm ich das Essen entgegen, obwohl ich keinen Hunger verspürte, dass sie noch immer wusste, was mein Lieblingsgericht war, sorgte dafür dass ich nicht nein sagen konnte.
Mit einem winzigen Lächeln packte ich das Reisbällchen aus und nahm es in die Hand, bevor ich langsam davon abbiss. Ich kaute und dann blickte ich wieder zu Aya, die ihr eigenes Bällchen knabbernd neben mir auf der Bank hockte. Mein Blick glitt zum wolkenlosen Sternenhimmel und schweigend aß ich meinen Reisball bis Aya wieder das Wort aufnahm. Ich hatte gewusst, dass sie nicht einfach so zu mir gekommen war, dazu war ich gestern zu unfreundlich und kalt zu ihr gewesen. Im Gegensatz zu Kiba, der sie voller Wärme und mit einem breiten Lächeln begrüßt hatte, und dem sie heute ohne Wiederrede geholfen hatte. Ayas Herz musste aus purem Gold sein ...
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich hatte Akamaru nicht ernsthaft schaden wollen. Ich wollte nur, dass Kiba zurückfällt." Sagte ich und gestand ihr damit nur die halbe Wahrheit. Der düstere Teil von mir hatte Kiba leiden sehen wollen, warum auch immer, aber er war sich ganz sicher gewesen, ihn nicht vor mir selbst ins Ziel laufen sehen zu wollen.
Es überraschte mich jedoch, wie gelassen Aya war. Bei ihrer Liebe für Tiere hätte es mich nicht gewundert, wenn sie mich gnadenlos beschimpft hätte, was für ein schrecklicher Mensch ich doch geworden war. Aber so war ich nun einmal und sie durfte dieser neuen Seite an mir nicht zu nahe kommen, also fügte ich schweren Herzens hinzu: "Außerdem hätte ich gewonnen, wenn Kiba nicht gewesen wäre." Die Worte klangen hart und sie würden die herzensgute Aya verletzen, dem war ich mir sicher. Ich musste sie endlich verbannen aus meiner Welt. Heute Vormittag war ich schwach gewesen, hatte dem guten Gefühl wahrer Freundschaft nachgelassen, aber ich musste beginnen mein Herz wieder mit Rache zu füllen, sonst würde ich nie gegen Itachi bestehen können und dann wäre alles umsonst gewesen. All der Schmerz, all die Jahre ...
"Mhm", sagte ich wenig überzeugt auf seine erste Antwort hin, während ich von meinem Onigiri abbiss. Stumm starrte ich in die Ferne, vollkommen versunken in Gedanken. Die Erinnerungen an den Vormittag kehrten zurück. Ich rief mir Sasukes Blick in Erinnerung, als er das Jutsu gewirkt hatte. So voller Wut ... Auch das Bild von Kiba, der heiße Tränen um seinen geliebten Hund weinte, kehrte zurück und plötzlich selbst von einiger Wut erfüllt, presste ich die Lippen zusammen.
Sasukes nächste Worte sorgten dafür, dass ich die Stirn runzelte. Fast schon ein bisschen ungläubig über diese Kälte blickte ich ihn an. "Und ich wäre unter die Top fünf gekommen, wärst du nicht gewesen", sagte ich mindestens genauso kühl. Der eisige Ton, der in meiner Stimme lag, überraschte mich selbst. Ich wusste nicht, woran es lag, aber irgendetwas an Sasuke sorgte dafür, dass ich sauer auf ihn wurde. Vielleicht war es der Umstand, dass das was er sagte, so leer klang. Viel zu stumpf und abgebrüht. Als würde er nur die halbe Wahrheit sagen. Auch wenn ich wirklich keine Ahnung hatte, was sonst noch hinter diese Attacke hätte stecken können ...
Ich sah sie nicht an, aus Angst ich könnte dann versucht sein, meinen Worten weniger Schärfe zu verleihen. Sie musste glauben, dass es besser für sie war, nicht in meiner Nähe zu sein. Sie sollte mich hassen lernen, nur so konnte sie sich schützen. Ich verbot mir also, auch nur einmal ein Gefühl von alter Freundschaft zu vermitteln, ihr ein sanftes Lächeln zu schenken oder sie neckisch zu einem kleinen Wettkampf herauszufordern. Heute würde ich einen Strich unter uns setzen.
Warum viel mir das so schwer? Warum verspürte ich beim bloßen Gedanken daran Schmerz?
"Wenn du nicht so schwach wärst, hättest du ihn zurück gelassen und dir deinen verdienten Platz geschnappt", das waren sie. Unverzeihliche Worte, die Aya davon überzeugen würden, dass ich nicht mehr der Junge war, den sie zu kennen glaubte. Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, erhob ich mich von der Bank, drehte ihr den Rücken zu und entschied mich, in der Dunkelheit zu verschwinden. Doch bevor ich vollkommen außer Hörweite war, rief ich ihr zu: "Ich bereue nicht, was ich getan habe." Obwohl ich es irgendwo doch bereute, aber das ging sie nichts an. Das war der Kampf, den ich gegen mich selbst austrug...
Dann verschwand ich, vermischte mich mit der Schwärze der Nacht und entfernte mich so weit von ihr, dass sie mir nicht folgen konnte. Und auch wenn ich wusste, dass es nicht gut für mich selbst war, nahm ich mir vor, nachher nachzusehen, ob sie sicher Zuhause war. Einer Sache war ich mir nämlich sicher: Ich wollte Aya in Sicherheit sehen. Auch wenn das bedeutete, sie an Kiba zu verlieren ...
Ich wollte freundlich zu ihm sein. Ich wollte nett zu ihm sein. Egal was er tat, wann immer ich Sasuke ansah, erfüllte mich nichts als Wärme und Zuneigung für ihn. Aber bei seinen nächsten Worten ... klappte mir der Mund auf.
Das hatte er gerade nicht ernsthaft gesagt oder? Mein Herz brach in tausend Teile. Wie ... wie konnte er nur? Ich war so geschockt, dass ich nicht einmal etwas erwidern konnte. Schwachheit nannte er das?
Und dann tat er noch etwas viel Schlimmeres: er ging einfach. Ich traute meinen Augen nicht. Ungläubig starrte ich ihm hinterher, noch immer nicht fähig zu einer Antwort. Er bereut nichts ... Dieser ... dieses ... Noch brachte ich es nicht fertig, ihn gedanklich zu beleidigen, aber ich war mir sicher, dass sich das bald schon ändern würde.
Vollkommen paralysiert rutschte ich die Bank herab. "Jetzt hat er mir meinen Abgang geklaut." Das einzige was mir jetzt noch im Kopf herum schwirrte.
Ich hatte keine Kraft über die wirklich wichtigen Sachen nachzudenken. Ich hätte mir vorstellen können, dass diese Unterhaltung nicht besonders gut ausgehen würde, aber dann hätte ich doch wenigstens das Recht in Anspruch genommen, ihn hoch erhobenen Hauptes im Regen stehen zu lassen. Stattdessen war es nun umgekehrt. Das ist gar nicht cool, echt jetzt.
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